Manchmal habe ich so viele Ideen im Kopf, dass ich gar nicht weiß, worüber ich zuerst schreiben soll – ein bisschen geht es mir so mit der Duft- und Studienreise ins Allgäu von Primavera. Deswegen starte ich nun mit einem ersten Einblick und dem Ablauf der Reise, spezielle Themen kommen dann nach und nach in einzelnen Posts.
Schon über das neue Gebäude von Primavera in Oy-Mittelberg (Foto oben) könnte ich einen eigenen Artikel schreiben: Es liegt inmitten eines neu angelegten Gartens am Rande von Oy und wurde nach Feng Shui-Richtlinien erbaut, es schmiegt sich in die Umgebung ein.
Entsprechend fühlten wir uns im hellen und geräumigen Seminarraum wohl, dafür sorgte auch die schöne Blumendekoration auf den Tischen. Der größte Teil der Teilnehmer kam aus dem medizinischen und pflegenden Bereich, die Duftreise vervollständigt die Ausbildung zum Primavera Aromaexperten und ist deswegen nur für Fachbesucher zugelassen.
Geleitet wurde die Duftreise von Anusati Thumm und Maria M. Kettenring, die beiden bekannten Expertinnen sind schon lange bei Primavera im Bildungswesen an Bord. Trotzdem war dies auch für sie die erste Duftreise ins Allgäu, bisher wurden nur Reisen ins Ausland (z.B. Türkei, Frankreich, Italien) durchgeführt.
Am ersten Nachmittag erfuhren wir einiges über die traditionelle Allgäuer Kräuterheilkunde und den damit verknüpften Volksglauben. Außerdem beschäftigten wir uns mit der heilenden Wirkung einiger ausgewählter Pflanzen wie der Brennessel oder dem Muskatellersalbei sowie den Inhaltsstoffen von ätherischen Ölen.
Zum Nachdenken gebracht hat mich die Fülle an Erfahrungs- bzw. Übertragungswissen über Pflanzen, das seit Generationen weitergegeben wurde und in einigen Fällen seinen Ursprung schon in der vorchristlichen Zeit findet. Selbstverständlich sind naturwissenschaftliche Nachweise wichtig, trotzdem werde ich zukünftig die Erfahrungskunde höher als bisher wertschätzen: Ich habe den Eindruck, dass darin wichtige Informationen enthalten sind, die man nicht übersehen darf.
Geschäftsführer Kurt Nübling führte uns am nächsten Tag durch den neu angelegten Garten von Primavera, in dem über 28.000 Pflanzen beheimatet sind. Mehrere Teiche gehören zum Überlaufsystem des Wassermanagements des Gebäudes und Geländes.
Noch sieht der Lavendel nicht üppig aus, ich fühlte mich trotzdem an Lavendelfelder in Südfrankreich erinnert.
Ein Rosenwall umzieht das gesamte Gelände. Wenn die Sonne scheint, duftet es wunderbar.
Gärten standen im Mittelpunkt der Reise: So unternahmen wir am Donnerstag einen Ausflug zum Kräutergarten des Bärenwirts in Eisenberg-Zell bei Pfronten. Schorsch Kössel führte uns durch seinen Garten und erklärte anschaulich und in Anekdoten die Wirkung seiner Kräuter. Der gelernte Koch kultiviert in seinem Garten über 500 Sorten Kräuter und Gemüse, die er in seinem Restaurant verwendet – in unserem Mittagessen wurden z.B. über 50 Kräuter verarbeitet.
Seine Begeisterung für die Pflanzen war deutlich spürbar und übertrug sich auf die Zuhörer – sein lebendig mitgeteiltes Erfahrungswissen wurde auf diese Weise leicht zugänglich. Als Gärtner hat er es sich zur Aufgabe gemacht, seinen Pflanzen das richtige Milieu zu bieten, damit sie sich wohlfühlen, wachsen und gedeihen. Auf kleinen Schildern werden die unterschiedlichen Kräuter erklärt, oben seht ihr auf dem Foto die vielen verschiedenen Thymiansorten.
Zum Abschluss bekamen wir einen grünen Smoothie zu trinken, den Schorsch für uns bereitete: Er enthält viele sekundäre Pflanzenstoffe, Antioxidantien und Chlorophyll – das Rezept für diesen Kräuterkuss hat er uns jedoch nicht verraten . Höchst sympathisch war mir sein Ansatz, dass Essen schmecken muss, nicht nur gesund sein soll (dies gilt auch für seine Smoothies, ich hätte gleich mehrere Gläser davon trinken können).
Als intellektueller (jedoch mit ebenso großem Enthusiasmus für die Pflanzen) würde ich die Herangehensweise beim Artemisia-Garten in der Nähe von Stiefenhofen beschreiben, den wir am nächsten Tag besuchten. Dort werden über 300 Pflanzen angebaut, die sowohl für Tees verwendet werden als auch in der Gärtnerei zu kaufen sind.
Auch hier bekamen wir eine fachkundige Führung durch den Garten, bei der mich der Gründer Tilman Schlosser in einigen Punkten zum Nachdenken gebracht hat. So klingt z.B. sein Umgang mit Schnecken in mir nach, er lässt sie leben und betrachtet sie als Spiegel des Menschen, der sich gern großzügig an den Ressourcen der Erde bedient – dieses Verhalten anderen Wesen jedoch nicht gestatten möchte.
Giftige Nachtschattengewächse haben ebenfalls einen Platz im Garten: Bei Artemisia ist man der Meinung, dass man die dunklen Seiten in sich als auch in seinem Garten integrieren und nicht ignorieren solle.
Besonders beeindruckt hat mich das Feld mit Engelwurz: Die hohlstengeligen Pflanzen streben mit ihren Dolden zum Himmel, sie stellen damit eine Verbindung zwischen Himmel und Erde her. Ich habe durch die Betrachtung der Angelika einen neuen Zugang und Blickwinkel auf Pflanzen (und damit auch zu ätherischen Ölen) bekommen.
Mitgenommen habe ich auch den Gedanken, dass sowohl Pflanzen als auch Menschen eine Wildnis brauchen, um wachsen zu können: Im Garten und im Kopf darf es nicht zu aufgeräumt und kontrolliert sein. Und diese Wildnis sollte man pflegen – ich trage das Bild eines wild und romantisch zugewucherten Gartens seitdem mit mir herum. Eines meiner Lieblingsbücher in meiner Kindheit war Der geheime Garten von Frances Hodgson Burnett, in dem der Garten als Schutzraum für ungeahnte Entwicklungsmöglichkeiten dient.
Neben den Gartenbesuchen konnten wir im Labor von Primavera dabei zusehen, wie man das Feuchtigkeitsfluid Neroli Cassis mischt: Fett- und Wasserphase wurden mit einem Homogenisierer vermischt, die noch leicht warme Creme durften wir dann direkt auf dem Handrücken testen.
Krönender Abschluss der Duftreise war die Destillation von getrocknetem Thymian. Dazu wurde im Freien eine Wasserdampfdestille aufgebaut und uns deren Funktionsweise nahe gebracht. Die Qualität von ätherischen Ölen und Hydrolaten hängt von vielen Faktoren ab, entscheidend ist z.B. die Zeit: Schwere Duftmoleküle lösen sich nicht sofort, sondern bei manchen Pflanzen erst nach Stunden, erst dann erhält man ein möglichst vollständiges ätherisches Öl.
Der schmale braune Rand ist das ätherische Öl, das sich aus mehreren Kilogramm getrocknetem Thymian ergibt. Auf einen Blick wird dabei klar, wie wertvoll ätherische Öle sind. Während der Destillation hatten wir die Möglichkeit, uns das Hydrolat in Flaschen abzufüllen.
Eine praktische Übung gab es auf der Duftreise ebenfalls: In den Beauty-Notizen habe ich am Freitag schon das Latschenkiefer-Raumspray gezeigt, das ich zusammen mit einer kleinen Gruppe kreiert habe. Die anderen Teilnehmer mischten bei dieser Übung im Seminar z.B. ein kühlendes Beinfluid, einen Körperpuder oder ein Körperöl.
Zum Baden in einem der zahlreichen Seen bin ich leider nicht gekommen, das lag sowohl am wolkenverhangenen Wetter als auch an meiner Erkältung. Aber der Spaziergang um den Alatsee war trotzdem wunderschön und hat mich ein wenig an Finnland erinnert – vielleicht auch deswegen, weil die Berge von den Wolken verhüllt waren.
In meinem Kopf ist seit der Duftreise viel in Bewegung geraten, die Begegnung mit all den interessanten Menschen inspiriert mich sehr. Ich möchte mich mehr mit dem heilkundlichen Aspekt von ätherischen Ölen auseinandersetzen und denke sogar über weitere Fortbildungen nach; ich blättere nun täglich im Buch “Praxis Aromatherapie” von Werner/von Braunschweig.
Außerdem beschäftigt mich das spannende Verhältnis von Erfahrungswissen und naturwissenschaftlichem Wissen, mein Horizont wurde in einiger Hinsicht erweitert. Und der Wildnis in mir werde ich auch mehr Beachtung schenken…
Habt ihr einen Garten? Kennt ihr das Allgäu? Kocht ihr viel mir Kräutern? Habt ihr das Buch “Der geheime Garten” auch gelesen? Und wie pflegt ihr die Wildnis in euch?
Related posts:
- Auf duftenden Pfaden im Allgäu unterwegs
- Im Handgepäck: Lavendel-Schlafmaske von Primavera
- Multifunktional: Gesichtswasser Salbei Traube von Primavera
- Beauty-Notizen 22.8.2014 (aus dem Allgäu)
- Primavera: Schlüsselanhänger Lebensglück mit Aroma Roll-On Gute Laune
Copyright © 2008
This feed is for personal, non-commercial use only.
The use of this feed on other websites breaches copyright. If this content is not in your news reader, it makes the page you are viewing an infringement of the copyright. (Digital Fingerprint:
)